Logistikimmobilien haben im Laufe der Zeit aufgrund verschiedener neuer Nachfrageimpulse einen beeindruckenden Wandel erlebt, darunter der Siegeszug des E-Commerce, seiner entscheidenden Rolle während der COVID-19-Pandemie und den Auswirkungen der jüngsten Lieferkettenunterbrechungen. Gewisse Anzeichen deuten aber bereits neue Nachfrageimpulse an. Ihre möglichen Auswirkungen gilt es unbedingt unter die Lupe zu nehmen.
Dieser Wandel betrifft nicht nur die Vermietungsvolumen sondern auch expandierende Bereiche und neue Marktakteure. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit potenziellen neuen Nachfrageimpulsen für den europäischen Logistik-Sektor, die sich in einer Phase verschärfter geopolitischer Spannungen, fortlaufender technologischer Innovationen und in einem schwierigen makroökonomischen Umfeld präsentieren.
Nach mehreren Rekordjahren mit beispiellosem Nachfragevolumen hat sich das Vermietungsgeschehen normalisiert. Paneuropäische Vermietungstrends im ersten Quartal 2024 zeigen, dass der Flächenumsatz sich mittlerweile wieder dem Vor-Corona-Wert annähert, der in vielen Märkten immer noch als resilient bezeichnet werden kann. Mit einer Fortsetzung des Trends ist insofern zu rechnen, als fast 60 % der Nutzer beabsichtigen, innerhalb der nächsten drei Jahre zu expandieren.
Einer der Hauptgründe für dieses Maß an Resilienz ist die Bedeutung struktureller Nachfragefaktoren. Wie im Artikel „Why Invest in Europe“ erläutert, hat sich der Bestand an belegten Flächen im Zeitraum 2013-2023 fast verdoppelt, während sich das Wirtschaftswachstum in den neun untersuchten Ländern auf ~14 % belief. Dies ist beachtlich, denn es belegt, dass der europäische Markt auch zuzeiten verschärfter geopolitischer Spannungen und schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen funktioniert. Zahlreiche Stimmungsindikatoren in Deutschland liegen nach wie vor im negativen Bereich, haben sich aber im Lauf der letzten Monate leicht verbessert, wie der Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts zeigt. Selbst der Automobil-Teilindex hat sich in den letzten zwölf Monaten von seinem Tiefstand erholt.
Genau wie Volkswirtschaften, Konsumgewohnheiten und Technologien entwickeln sich auch Bedarfsquellen fortlaufend weiter. GARBE Research hat drei verschiedene Nachfragekategorien von steigender Bedeutung ermittelt.
Da wäre zum einen die Expansion und Diversifizierung im Online-Handel. Nach einer Pause in den Jahren 2022 und 2023 ist in den kommenden fünf Jahren im E-Commerce zunehmende Marktdurchdringung und Umsatzwachstum in ganz Europa zu erwarten. Die Prognosen lauten zwar auf Zuwächse in allen E-Commerce-Segmenten, allerdings unter Verschiebung der Marktanteile. Die Bereiche mit den voraussichtlich größten Zugewinnen beim Marktanteil sind die Aufsteiger Lebensmittel, Möbel und Mode. Die Marktanteile von Elektronik und Medien, die zu den ersten Segmenten mit Online-Vertrieb zählen, dürften dagegen in eine Plateauphase eintreten.
Es ist damit zu rechnen, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln und Möbeln zu einem Anstieg der Nachfrage nach Logistikimmobilien näher am Endkunden führen wird, da die jeweiligen Produkte zeitkritisch (Frischware) bzw. sperrig (Möbel) sind. Die zunehmende Nachfrage nach Logistik-Objekten im Modesektor dürfte von sogenannten Fast-Fashion-Anbietern ausgehen, die derzeit eine rasante Marktdynamik aufweisen. Internationale Einzelhändler wie SHEIN und Temu expandieren kräftig und suchen zunehmend nach Logistikflächen in Abkehr von der bislang verfolgten Luftfrachtstrategie. Dies ist insofern plausibel, als diese Händler mit ihrem enormen Transportvolumen seit einigen Jahren mit zu den weltweit größten Nutzern von Frachtflügen zählen. So betreibt SHEIN bereits ein Verteilzentrum im polnischen Wrocław und plant eine weiteres in Frankfurt am Main.
Gleichzeitig aber scheint der Quick Commerce, also die Eilzustellung von Onlinebestellungen, an Schwung verloren zu haben, da vielen Anbietern der Wettbewerb zu intensiv und die Rentierlichkeit zu ungewiss geworden ist. Erst kürzlich gaben Getir und Gorillas bekannt, sich aus dem deutschen Markt zurückziehen zu wollen, was dementsprechend Flink hierzulande zum Marktführer machen würde.
Das Jahr 2023 stellte einen neuen Rekord auf in Bezug auf das Gesamtvolumen an ausländischen Direktinvestitionen (ADI), Investitionen im Verarbeitenden Gewerbe und projektspezifische Investitionen in Europa. Dabei sorgen nicht nur die eigentlichen ADI-Investments für neue Nachfrage nach Logistikimmobilien sondern auch verbundene Unternehmen und Zulieferer. Zwei Drittel aller Hersteller erwarten, dass ihre Zulieferer sich in der Nähe ihrer Standorte ansiedeln, was für die lokale Marktnachfrage einen selbstverstärkenden Schwungradeffekt auslöst. Neben der Standortnähe der Zulieferer ist mit einer zunehmenden Diversifizierung der Zulieferer zu rechnen, da 60 % aller Industrieunternehmen diese Strategie verfolgen. Wie sich anhand der Re-/Nearshoring-Karte von GARBE ergibt, hat die CEE-Region das größte Potenzial, den Ansiedlungsbedarf im Zuge des Nearshoring-Trends zu binden.
In ihren Bestrebungen nach resilienteren und agileren Lieferketten tendieren die bereits in Europa aktiven Nutzer zu einer Dezentralisierungsstrategie, u. a. durch den Aufbau von dezentralen Knotenpunkten. Daher ist in ganz Europa mit einer Zunahme kleinerer Objekte (<20.000 m²) zu rechnen. Wie der Beitrag „Mobilität im Blick: Die europäische Automobilbranche im Wandel“ darlegt, müssen auch neue Elektrofahrzeugbauer erst noch ein Lieferkettennetz aufbauen, das von der Fertigung bis hin zu Service und Ersatzteilen alles abdeckt. Da Logistikimmobilien zur Bedienung von Kundendienstansprüchen unverzichtbar sind, ergibt sich auch hier ein Mehrbedarf an Flächen.
Es ist davon auszugehen, dass auch neue Technologien längerfristig für einen allmählichen Anstieg der Nachfrage sorgen werden, und zwar vor allem seitens der Zulieferer der entsprechenden High-Tech-Fertigungsstätten. Produktionsstätten sind oft mit modernster Technik ausgestattet, und ihre spezifischen Gebäudemerkmale schlagen sich in einer hohen Selbstnutzerquote nieder.
Die dieser dritten Kategorie zuzurechnende Expansion zeigt sich bereits bei Produktionsstätten für Batterien (siehe Abbildung 4), für Elektrofahrzeuge und für Halbleiter in Europa, so etwa das Intel-Werk in Magdeburg. Die Wachstumsdynamik dieser Kategorie steht im Kontext verschärfter geopolitischer Spannungen und dem Umbau der europäischen Wirtschaft zwecks Minderung der Abhängigkeit von einigen wenigen globalen Zulieferern. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass Europa nach wie vor auf die Beschaffung von Rohstoffen aus aller Welt angewiesen ist.
Die drei beschriebenen Kategorien dürften für einen stetigen Anstieg der Nachfrage auf dem Logistikimmobilienmarkt in ganz Europa sorgen.
Der allmähliche Wandel der Nachfragetreiber hat im Lauf der letzten Jahrzehnte für drastische Veränderungen im Logistik-Sektor gesorgt. Mit einem Abflauen dieses Trends ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen, zumal sich die nächsten Nachfrageimpulse schon andeuten. Sie werden den Sektor nicht revolutionieren, sondern tragen zu seiner fortlaufenden Evolution bei.
Die Grundnachfrage zur Deckung der allgemeinen Versorgung und der Bedürfnisse des modernen Alltags besteht unverändert fort, mit der Entstehung neuer Nachfragedimensionen ist jedoch zu rechnen. Die neuen Nachfragetrends werden von übergreifenden Entwicklungen bestimmt, darunter veränderte Konsumgewohnheiten, verstärkte Schwerpunktsetzung auf Resilienz, Agilität und technologische Innovationen.
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