Interview mit Martin Polák, GARBE Geschäftführer Central & Eastern Europe
Martin Polák (37)
GARBE Geschäftsführer Central & Eastern Europe I GARBE Industrial Real Estate Slovakia, s.r.o.| Zuständig für die Expansion in Mittelosteuropa
1 Warum ist GARBE zunehmend im CEE-Raum aktiv?
GARBE ist überall dort besonders aktiv, wo wir Potenzial sehen. Die Expansion in die CEE-Region ist deshalb für uns nur die logische Konsequenz aus den Marktentwicklungen in den europäischen Top-Märkten. Mit der Expansion in Mittelosteuropa erweitern wir unsere Aktivitäten in Märkten, in denen bereits historisch vielfache Verbindungen mit dem Industrie- und Logistiksektor bestehen. Daneben haben Polen, Tschechien und die Slowakei in Zentral- und Osteuropa die größten Wachstumsraten im E-Commerce. In Verbindung mit einem großen Absatzmarkt, einem günstigen Lohnniveau und etablierten Logistikmärkten stellen diese Länder ein interessantes Investmentziel dar. Das positive Wirtschaftsumfeld spricht zudem für ein weiteres Wachstum des Immobilienmarktes.
2 Welche Besonderheiten machen den polnischen Logistikmarkt aus?
Polen ist ein besonderer Markt, da er zum einen bereits als etabliertes Logistikzentrum in Mittelosteuropa gilt und zum anderen noch großes Potenzial birgt. Anders als die Märkte in Tschechien oder der Slowakei ist der polnische Markt sowohl geografisch als auch auf Akteursseite ausdifferenzierter und nicht monozentriert oder unter einigen wenigen Playern aufgeteilt. Neben den etablierten Top-Teilmärkten wie Warschau oder Kattowitz gewinnen auch Sekundärmärkte wie Danzig oder Stettin zunehmend an Bedeutung. Es bilden sich neue Standorte heraus und es gibt eine Menge attraktiver Opportunitäten in den verschiedenen Regionen. Daneben machen die massiven Investitionen in die Infrastruktur sowie der wachsende Binnenkonsum den polnischen Logistikmarkt perspektivisch noch interessanter.
3 Wie wirkte sich die Corona-Krise auf den polnischen Markt aus?
Im Gegensatz zu anderen Branchen zeigte sich der Logistiksektor in Polen resilient. Trotz der Pandemie gab es keine einschneidenden Auswirkungen. Im Gegenteil, wir konnten mit einem Transaktionsvolumen von 2,6 Mrd. EUR und einem Flächenumsatz von über 5,4 Mrd. m² neue Höchstwerte auf dem polnischen Logistikmarkt beobachten. Zwar agierten einige Akteure zunächst abwartend, mit wachsender Planungssicherheit wurden aber Tatsachen geschaffen. Zudem führte die Pandemie zu Umstrukturierungen von Lieferketten und damit zu einer geänderten Flächennachfrage. Auf Investorenseite erlangten polnische Logistikobjekte den Ruf als sicherer Hafen und erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Auch wir halten in Pandemie-Zeiten an unserer Expansionsstrategie fest, beobachten aber sehr ausführlich sowohl die marktwirtschaftlichen als auch die gesellschaftlichen Entwicklungen vor Ort und überlegen uns unsere nächsten Schritte genau.
4 Was sind die großen Nachfragetreiber auf dem polnischen Markt?
Polen weist eine der höchsten Wachstumsraten im E-Commerce-Sektor in Mittelosteuropa auf. Entsprechend ist der Onlinehandel einer der Haupttreiber der Nachfrage im Logistiksektor. Zunehmend erobern internationale Onlinehändler wie Zalando oder Amazon den polnischen Markt, da sie sich der dort vorhandenen Standortvorteile bewusst sind und in Polen einen frischen Absatzmarkt vorfinden. Daneben steigt ebenfalls der Flächenbedarf der Kurier-Express-Paket-Dienstleister und Kontraktlogistiker. Aber auch der Wunsch vieler Unternehmen, im Zuge der Pandemie ihre Lieferketten zu optimieren, führt zu einer wachsenden Nachfrage. Auf der Investmentseite ist es die Ertragsstabilität in Krisenzeiten bei attraktiven Renditen, die die Nachfrage noch einmal deutlich gesteigert hat. Logistikobjekte waren 2020 ein Lichtblick auf dem Investmentmarkt, da sie sich als nahezu immun gegen die Pandemie erwiesen haben.
5 Wie ist die weitere Entwicklung des polnischen Logistikmarktes einzuschätzen?
Insgesamt ist für den polnischen Logistikmarkt in Zukunft von einem robusten Wachstum auszugehen. Der Nachholbedarf Polens in Bezug auf den Onlinehandel ist immens und damit auch der Flächenbedarf. Profitieren wird der Logistikmarkt zudem von der Umstrukturierung der globalen Lieferketten in Folge der Corona-Pandemie und des Brexits, da einige Unternehmen ihre Produktionsstätten wieder nach Europa zurückholen. Polen bietet sich in vielerlei Hinsicht als Near-Shoring- und Outsourcing-Standort an. Auch ökologische Aspekte werden auf dem polnischen Markt in Zukunft vermehrt eine Rolle spielen. Sowohl Nutzer als auch Investoren verlangen eine höhere Nachhaltigkeit ihrer Immobilien. Für Investoren bleiben polnische Logistikobjekte auch perspektivisch attraktiv, da das Preisniveau trotz Ertragsstabilität deutlich unter dem der europäischen Top-Märkte liegt. Aufgrund des begrenzten Angebots werden steigende Kaufpreise zu einer Fortsetzung der Renditekompression führen. Der Nachfrageüberhang bei modernen Logistikflächen wird trotz des hohen Neubauvolumens für ein stabiles Mietpreiswachstum sorgen. Es bieten sich somit spannende Perspektiven für den polnischen Logistikimmobilienmarkt – zumal ein Abschwung des Marktes nicht in Sicht ist.